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  Spendenaufruf Nagovje
 

Backnanger Kreiszeitung 2. September 2011

In der russichen Provinz ist die Kindheit kurz

Verein Kinder- und Jugendhilfe unterstützt Ehepaar Szelest bei seiner Hilfsaktion für die Kinder von Nagovje

                        

                                                             Weitere Fotos sind in der Galerie.

Astrid und Rüdiger Szelest haben ihre zweite Heimat in Russland gefunden und verbringen 6 Wochen jährlich im Sommer und Winter in einer Blockhütte im Wald mitten in der Taiga. Sie unterstützen dort den russischen Wolfsforscher Vladimir Bologov bei seiner Arbeit. Doch nicht nur die Wölfe haben es dem Ehepaar aus Welzheim angetan. Sie haben engen Kontakt zur Bevölkerung und zu den Dörfern rund um die Biologische Station „Chisty Les“ gefunden. In Deutschland engagieren sich beide seit den 80er-Jahren in der Kinder- und Jugendarbeit. Auch die kleinen Nachbarn in Russland haben ihr Herz erobert. Gemeinsam mit dem Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang e.V. möchten sie ihr Leben etwas besser machen und haben ein Spendenkonto eingerichtet.

Trotz Ferien herrscht reger Betrieb in der Schule von Nagovje. Die Direktorin Nastja Parfinova streicht in Arbeitskleidung den Boden. Unterstützt wird die 26-jährige von Lehrern, Eltern und Schülern ihrer Schule. Eine Kommission hat sich angekündigt, um die Schule zu bewerten. Alles soll ordentlich und sauber sein.

Hier, mitten im russischen Nirgendwo, haben Wolf, Bär, Elch und Luchs ihr zu Hause. Für die Tiere ist diese Gegend weit weg von asphaltierten Straßen und Geschäften ein Paradies. Weniger für die Menschen. Es herrscht Landflucht in den Gehöften und Weilern. Wer es sich leisten kann zieht in die rund 65 km entfernte Stadt Toropets oder in die russischen Metropolen. Übrig bleiben diejenigen, die arm sind oder familiär gebunden.

Diese Familien schicken ihre Kinder in die Schule nach Nagovje, auch aus den nahen Dörfern Sheshurino und Peschanke. 18 Kinder zwischen 7 und 16 Jahren werden hier bis Klasse 9 klassenübergreifend in Gruppen in den Fächern Russische Sprache und Literatur, Mathematik, Physik, Chemie, Geographie, Geschichte, Biologie, Religion, Musik, Kunst/Zeichnen, Handarbeit und Werken unterrichtet. 5 Lehrer (in Voll- und Teilzeit), eine Köchin, eine Reinigungskraft, ein „Feuermann“, der für das Holz in den Öfen sorgt sowie Wasser aus dem Brunnen holt und ein Wachmann sorgen für die Kinder.

Als Westeuropäer fühlt man sich zurückversetzt in die Zeit der 40er und 50er Jahre. Holzbänke, selbst gezeichnete Schautafeln, kein fließend Wasser, Holzöfen und Plumpsklos. Wenige altertümliche PC's verraten ein anderes Zeitalter. Wobei auf den Strom kein Verlass ist, wochenlange Ausfälle sind nicht selten. Täglich von 9 bis 16.30 Uhr verbringen die Kinder in der Schule und essen auch dort zu Mittag. Für viele die einzige warme Mahlzeit, die sie bekommen. Die Mensa ist eine alte Holzbaracke, in der die Köchin für die ganze Schule immer ein schmackhaftes Mittagessen zaubert.

Astrid und Rüdiger Szelest packen mit an, damit die Schüler einen guten Start in das neue Schuljahr haben. Im Gespräch mit der Schulleiterin wird klar, dass hier Hilfe notwendig ist. In Russland werden die Schulen nach den Schülerzahlen finanziell ausgestattet. Die Landschule ist eigentlich nicht mehr tragbar. Problematisch ist, dass die nächste Schule mehr als 35 Kilometer entfernt liegt. Rund 12 Kilometer müssten alle Schüler zur nächsten Bushaltestelle transportiert werden und dort auf den Schulbus warten. Es gibt keine Straßen, nur sandige Pisten. Im Winter herrschen Temperaturen bis -40 Grad, einen verlässlichen Winterdienst gibt es nicht. Wie sollen also die Kinder in die so weit entfernte Schule kommen? Immer wieder wurde über die Schließung der Schule diskutiert, mangels Alternativen wird sie mit einer sehr geringen finanziellen Ausstattung weiter geduldet.

                        

Erstaunlich ist das Engagement der Schulleiterin, der Lehrer, Eltern und auch Schüler. Teilweise verzichten die Beschäftigten auf ihr Gehalt, Eltern engagieren sich ehrenamtlich. Holen die Lehrer ohne Auto aus den Nachbardörfern ab. Sponsern Materialien und arbeiten ehrenamtlich in der Schule mit. Kaum vorstellbar, dass unter diesen Voraussetzungen überhaupt Unterricht möglich ist“ so Astrid Szelest, Leiterin der Backnanger Schulverwaltung. Einige der Schülerinnen und Schüler werden niemals eine Ausbildung beginnen. Direkt nach der Schule müssen sie Geld verdienen in landwirtschaftlichen Betrieben, in der Forstwirtschaft oder im Handwerk auf dem Land arbeiten. Die Kindheit hier ist kurz. Diese Zeit möchten die beiden Welzheimer für die Kinder verbessern. Mit Spenden können Lehr- und Lernmittel beschafft werden, bedürftige Schüler mit Schulmaterialien ausgestattet, Lehrerstunden sichergestellt, Ausflüge organisiert oder auch das Essen noch abwechslungsreicher gestaltet werden.

Heinz Franke, Vorsitzender des Vereins Kinder- und Jugendhilfe Backnang e.V., hat spontan ein Spendenkonto eingerichtet. „Bitte unterstützen Sie diese Spendenaktion. Auch kleine Beträge helfen. Durch die persönlichen Verbindungen des Ehepaars Szelest ist gewährleistet, dass jeder Euro ohne Abzug ankommt – bei den Kindern von Nagovje!“.

Spendenkonto Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang e.V.
Verwendungszweck: Nagovje
Kreissparkasse Waiblingen
Konto Nummer: 15079239
Bankleitzahl: 60250010